Compliance, Gefahrstoffe

PFAS, REACH & Ihr Gefahrstoffmanagement

Was Gefahrstoffmanager jetzt wissen sollten.

6 Minuten19.01.2024

Es gibt Themen im Gefahrstoffmanagement, mit denen die meisten Menschen im wahrsten Sinne des Wortes keine Berührungspunkte haben. Wenn wir über den Schutz der Arbeitnehmenden vor Gefahren im Zusammenhang mit Gefahrstoffen sprechen, denken wir meist an Lösemittel wie Toluol oder Xylol, die beim Lackieren von Fahrzeugen zum Einsatz kommen, oder Calciumoxid, das bei der Zementherstellung freigesetzt wird. Allerdings gibt es auch eine Gruppe von Chemikalien, die eine breitgefächerte Präsenz in unserem Alltag hat - PFAS. Jeder, der schon einmal Kaffee aus einem Einwegbecher getrunken oder Abendessen in einer Antihaftpfanne zubereitet hat, ist sehr wahrscheinlich mit PFAS in Berührung gekommen.

PFAS sind so allgegenwärtig wie Sand am Meer, was für produzierende Unternehmen ein erhebliches Problem darstellt, da die Europäische Union ein umfassendes Verbot ihrer Verwendung vorschlägt.

In diesem Artikel erfahren Sie alles Wichtige über PFAS, die REACH-Verordnung und das bevorstehende Verbot. Vor allem aber zeigen wir Ihnen, wie Sie rechtzeitig und effektiv auf diese Änderungen reagieren können.

Was sind PFAS?

Hinter der Abkürzung verbirgt sich die Gruppe der sogenannte Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen. Dazu gehören über 10.000 Stoffe, die in unzähligen Verbraucherprodukten zu finden sind. Zum Beispiel in Shampoo, regenfester Kleidung, Wandfarben, Backpapier, Kaffeebechern oder eben auf Pfannen. Denn PFAS sind wasser-, fett- und schmutzabweisend und überzeugen durch chemische und thermische Stabilität. Diese günstigen Eigenschaften machen sie zum Liebling der verschiedensten Industrien und produzierenden Unternehmen. Der Kunststoff Polytetrafluorethylen (PTFE) zählt ebenfalls zu der Gruppe der PFAS und ist eher unter einem anderen Namen bekannt: Teflon.

Welche Gefahren gehen von PFAS aus?

PFAS haben aber auch eine Kehrseite: Bei bestimmten PFAS konnten gesundheits- und umweltschädliche Wirkungen nachgewiesen werden. Außerdem sind langkettige PFAS kaum abbaubar und bleiben über längere Zeiträume bestehen. Aus diesem Grund haben sie auch den Beinamen „Ewigkeitschemikalien“ erhalten. Es ist möglich, dass sie über Nahrungsmittel und das Trinkwasser in den menschlichen Organismus gelangen, wo sie in hoher Konzentration schädliche Wirkung entfalten können. Folglich wurde die Verwendung einiger der zu den PFAS gehörenden Stoffe in der REACH-Verordnung gesetzlich eingeschränkt oder gänzlich verboten – darunter zum Beispiel die Perfluoroctansulfonsäure, C8 (PFOS) und Perfluoroktansäure (PFOA).

REACH und PFAS

Das Akronym REACH steht für Registration, Evaluation, Authorisation und Restriction of Chemicals, was die Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung von Chemikalien bedeutet. Diese europäische Verordnung trat am 1. Juli 2007 in Kraft und wird seitdem kontinuierlich überarbeitet. Sie legt konkrete Anforderungen für Unternehmen fest, die Chemikalien herstellen, verwenden oder in Verkehr bringen.

Die REACH-Verordnung bietet auch spezifische Richtlinien für bestimmte PFAS und stellt daher ein wesentliches Nachschlagewerk für Gefahrstoffmanager und -beauftragte dar. Änderungen und neue Bestimmungen innerhalb der REACH-Verordnung werden von der European Chemicals Agency (ECHA) an die Öffentlichkeit sowie die betreffenden Unternehmen kommuniziert. Um ein stetig rechtskonformes Gefahrstoffmanagement zu gewährleisten, ist es empfehlenswert, regelmäßig Updates auf der offiziellen ECHA-Homepage abzurufen: echa.europa.eu/de/home.

Zusätzlich zu den bereits erwähnten PFOS und PFOA gelten sei 2023 auch umfassende Beschränkungen für die Herstellung, Verwendung und Markteinführung von perfluorierten Carbonsäuren mit 9 bis 14 Kohlenstoffatomen (C9-C14-PFCA). Dies beinhaltet auch die entsprechenden Salze sowie Vorläuferverbindungen, die in diese perfluorierten Carbonsäuren umgewandelt werden können.

REACH-Anhang XVII

Im REACH-Anhang XVII werden Stoffe verzeichnet, deren Produktion, Verwendung und Inverkehrbringen wegen unannehmbarer Risiken für die menschliche Gesundheit oder Umwelt nur eingeschränkt erlaubt oder gänzlich verboten sind. Hier wird zum Beispiel die zu den PFOS gehörende Perfluoroktansäure (PFOA) einschließlich ihrer Salze und Vorläuferverbindungen aufgeführt.

REACH-Kandidatenliste

Auf die Kandidatenliste des Artikels 57 der REACH-Verordnung können SVHC-Stoffe aufgenommen werden – also Substances of very high concern. Oder eben: Substanzen mit höchst besorgniserregenden Eigenschaften. Dazu zählen Stoffe, die krebserzeugende, erbgutveränderte oder fortpflanzungsgefährdende Risiken bergen. Substanzen, die Eingang auf die Kandidatenliste gefunden haben, können in der Konsequenz im Anhang XIV der REACH-Verordnung gelistet werden.

REACH-Anhang XIV (Seite 42)

Hier werden zulassungspflichtige Stoffe aufgenommen. Substanzen, die auf dieser Liste verzeichnet sind, dürfen nicht in der EU verwendet werden. Die Ausnahme: Wenn keine alternativen Stoffe verfügbar sind oder sozioökonomische Gründe für die Verwendung bestehen, dann haben Unternehmen die Möglichkeit, eine Zulassung zu beantragen.

Weitere PFAS-Regelwerke

POP-Verordnung

Neben der REACH-Verordnung, die die Vorgaben für die Verwendung von PFAS auf EU-Ebene regelt, lohnt sich außerdem ein Blick in die sogenannte EU-POP-Verordnung (persitant organic polutants). Sie reguliert persistente organische Schadstoffe, die wiederum durch die global gültige Verbotsliste der Stockholmer Konvention geregelt werden. Bestimmte PFAS zählen zu diesen Schadstoffen und werden daher ebenfalls in der POP-Verordnung reguliert.

Gut zu wissen

Sobald ein Stoff oder eine Stoffgruppe in die EU-POP-Verordnung aufgenommen wird, werden die entsprechenden Einschränkungseinträge aus der REACH-Verordnung gelöscht. Auf diese Weise sollen parallele Regulierungen verhindert werden.

Trinkwasserverordnung

Die Qualität und der Schutz des Trinkwassers werden in der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) reguliert. Die Novelle der Trinkwasserverordnung aus dem Jahr 2023 setzt wichtige europäische Vorgaben um und erweitert die chemische Überwachung des Trinkwassers auch auf bestimmte PFAS. Die neue TrinkwV führt stufenweise Grenzwerte ein, die ab dem 12. Januar 2026 und ab dem Jahr 2028 gelten.

Oberflächengewässerverordnung

Dieses Regelwerk wurde zuletzt im Jahr 2020 novelliert und legt Umweltqualitätsnormen für PFOS in Oberflächengewässern (OGewV) fest. Werden diese Normen überschritten, ist man verpflichtet, entsprechende Maßnahmen vorzunehmen, damit die Einhaltung der Normen spätestens ab dem Jahr 2027 gewährleistet werden kann.

Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung

Dieses Dokument wurden im Jahr 2021 angepasst und gibt Geringfügigkeitsschwellen (GFS-Werte) sowie Gesundheitliche Orientierungswerte (GOW) als Prüfwerte für bestimmte PFAS vor.

 

Umfassendes PFAS-Verbot durch die REACH-Verordnung?

Aufgrund der gesundheitlichen Bedenken steht bereits seit Längerem ein EU-weites PFAS-Verbot im Raum. Damit geht auch eine entsprechende Novellierung der REACH-Verordnung einher. Ein entsprechender Vorschlag wurde am 23. Februar 2023 von Deutschland, Schweden, Norwegen, Dänemark und den Niederlanden bei der EU-Chemikalienagentur ECHA eingebracht.

Welche PFAS sind betroffen?

Der Vorschlag zur Beschränkung zielt auf alle Subtanzen und Gemische, in denen mindestens eine vollständig fluorierte Methylgruppe (-CF3) oder Methylengruppe (-CF2-) ohne weitere H-, CI-, BR- oder I-Atome enthalten ist.

Welche Grenzwerte werden vorgeschlagen?

Im Rahmen des Vorschlags wurden für diese Stoffe konkrete Grenzwerte empfohlen:

  • ≥ 25 ppb für PFAS, die sich anhand von gezielter Analyse bestimmen lassen (Außer Polymere)

  • ≥ 50 ppb falls keine gezielte Analyse möglich sein sollte (z.B. im Fall von Polymeren)

  • ≥ 250 ppb als Summenparameter aller vorhandenen PFAS

Wann kommt das Verbot?

Das Konsultationsverfahren für den Beschränkungsvorschlag endete im September 2023. Eine finale Entscheidung hat die EU-Kommission jedoch fortwährend verschoben. Die verbindliche Umsetzung einer umfassenden PFAS-Beschränkung wird daher voraussichtlich erst im Jahr 2026 erwartet.

Welche Übergangsfristen wird es geben?

Sollte im Zuge der Novellierung der REACH-Verordnung eine umfassende Beschränkung von PFAS verpflichtend werden, müssen Unternehmen entsprechend reagieren. Die vorgegebenen Werte sind einzuhalten, Substitutionsmöglichkeiten zu prüfen und passende Maßnahmen umzusetzen. Im Rahmen des Vorschlags zur Beschränkung der PFAS sind Übergangsfristen von 18 Monaten bis 12 Jahre in Gespräch. Doch es ist davon auszugehen, dass die überwiegende Zahl der PFAS bereits 18 Monaten nach Inkrafttreten der REACH-Novellierung verboten sind.

Was können Unternehmen jetzt schon tun?

Unternehmen müssen die Vorgaben der REACH-Verordnung zu den PFAS kennen und entsprechende Bewertungen vornehmen. Aber wie soll das bei 10.000 Stoffen gelingen? Ein gangbarer Weg bei der PFAS-Bewertung ist der Fokus auf 13 Verbindungen, für die Geringfügigkeitsschwellen (GFS-Werte) und Gesundheitliche Orientierungswerte (GOW) definiert sind. Für diese Substanzen besteht außerdem die Möglichkeit, eine Analyse nach DIN-Normen vorzunehmen.

Stoff

Abkürzung

CAS-NR.

Perfluorbutansäure

PFBA

375-22-4

Perfluorpentansäure

PFPeA

2706-90-3

Perfluorhexansäure

PFHxA

307-24-4

Perfluorheptansäure

PFHpA

375-85-9

Perfluoroctansäure

PFOA

335-67-1

Perfluornonansäure

PFNA

375-95-1

Perfluordecansäure

PFDA

335-76-2

Perfluorbutansulfonsäure

PFBS

375-73-5

Perfluorhexansulfonsäure

PFHxS

355-46-4

Perfluorheptansulfonsäure

PFHpS

357-92-8

Perfluoroctansulfonsäure

PFOS

1763-23-1

6:2-Fluortelomersulfonsäure

6:2 FTSA (H4PFOS)

27619-97-2

Perfluoroctansulfonamid

PFOSA

754-91-6

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Fazit

Auch wenn zahlreiche Regelwerke wie die POP- oder REACH-Verordnung existieren, stellt der Umgang mit PFAS für Gefahrstoffmanager und -beauftragte keine einfache Herausforderung dar. Allein wegen der großen Anzahl von mehr als 10.000 Stoffen ist die Bewertung aller Subtanzen kaum realisierbar. Es empfiehlt sich daher, bei der Beurteilung zunächst den Fokus auf 13 Verbindungen zu legen, für die klare Geringfügigkeitsschwellen (GFS-Werte) und Gesundheitliche Orientierungswerte (GOW) vorliegen. Ob eine allumfassende PFAS-Beschränkung in der REACH-Verordnung verankert wird, ist aktuell nicht eindeutig zu beantworten. Ein Vorschlag zur Novellierung wurde zwar eingereicht, doch die EU hat noch keinen finalen Beschluss gefasst. Experten gehen derzeit davon aus, dass ein umfassendes Verbot der PFAS in der REACH-Verordnung im Jahr 2026 in Kraft treten könnte. Die Übergangsfristen werden sich dann voraussichtlich auf 18 Monate bis 12 Jahre belaufen.

Quellen

1  Will M, Brauweiler J (2020) Business Continuity Planning. In: Leal Filho W, Marisa Azul A, Brandli L, et al. (eds) Sustainable Cities and Communities. Springer International Publishing, Cham, pp 33–44
2  Will M, Brauweiler J (2020) Business Continuity Planning. In: Leal Filho W, Marisa Azul A, Brandli L, et al. (eds) Sustainable Cities and Communities. Springer International Publishing, Cham, pp 33–44

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